Der Fotorealismus ist eine Stilrichtung der Malerei, die in den 1960er Jahren entstanden ist. Die grundlegende Idee des Fotorealismus besteht darin, Fotos mit malerischen Mitteln zu kopieren, allerdings meist in einem deutlich größeren Format. Die Maler projizierten dazu ein Diapositiv auf einen Bildträger und fertigten eine möglichst genaue Kopie an.

Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als ob der Fotorealismus keine eigenständigen Qualitäten hätte. Dieser Vorwurf wurde den ersten Künstlern dieser Stilrichtung tatsächlich gemacht. Doch eine genauere Betrachtung der Gemälde zeigt, dass diese eine andere Qualität haben als die Fotos, die ihnen zugrunde liegen.

Eine Abbildung in einem Buch oder einem Blog kann ein fotorealistisches Werk nicht korrekt erfassen. Vielmehr wird durch die Fotografie eines solchen Kunstwerks eine umgekehrte Metamorphose, zurück zum ursprünglichen Foto, vollzogen. Das Gemälde kann nur in der unmittelbaren Betrachtung richtig gesehen werden. Dabei spielen auch Details eine große Rolle. Die Anordnung und Mischung der Farben wie sie ein Maler vornimmt, unterscheidet sich wesentlich von den chemisch erzeugten Farben eines Fotos.

Ein Gemälde hat eine andere Oberfläche als ein Foto. Dieser Unterschied wird bei einer Betrachtung aus der Nähe deutlich. Zudem ist ein fotorealistisches Gemälde klarer und deutlicher als jede Projektion. Es entsteht der Eindruck einer höheren Genauigkeit. Viele Gemälde gehen so weit, dass sie den Betrachter täuschen. In Originalgröße gemalte Gegenstände sind manchmal auf den ersten Blick nicht als Malerei zu erkennen.

Bekannte Protagonisten des Fotorealismus waren Maler wie Richard Este, Chuck Close, Ralph Goings. Als Porträtmaler ist Chuck Close bis heute einer der gefragtesten Künstler in den USA. Aber auch andere Fotorealisten arbeiten erfolgreich und können sich der Gunst des Publikums gewiss sein.

Nicht nur die Motive unterscheiden die Fotorealisten. Auch die Vorgehensweise ist nicht einheitlich. Einige Künstler nehmen existierende Bilder als Vorlagen. Andere fotografieren selbst und bestimmen damit den künstlerischen Prozess vollständig. Darüber hinaus geht z.B. Richard Este, der in seinem Werk häufig mehrere Vorlagen kombiniert, und damit ein neues Bild schafft.

Der Fotorealismus muss historisch als Antwort auf die Abstraktion gesehen werden. Insbesondere der Zweite Weltkrieg hatte zu einer Krise der naturalistischen Malerei geführt. Viele Maler flüchteten sich in die Abstraktion. Der Fotorealismus setzte diesem Trend einen formidablen Kontrapunkt entgegen. Interessant ist zudem, dass viele Pioniere dieser Stilrichtung aus der Pop Art kommen.

Bildnachweis:

[1] http://en.wikipedia.org/wiki/File:Ralph_Goings.jpg
[2] http://en.wikipedia.org/wiki/File:Chuck_Close_1.jpg
[3] http://en.wikipedia.org/wiki/File:Richard_Estes.jpg